Das Kapitel Roman Abramowitsch bei Chelsea ist Geschichte.

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Roman Abramowitsch war jahrelang das Symbol für "Londongrad", also die Russifizierung der britischen High Society. Superreiche Russen kauften Yachten und Luxusimmobilien in der City oder ließen sich von schnöseligen Londoner Anwaltskanzleien ihr Image polieren.

Der 1966 in Saratow geborene, nach dem Tod seiner Eltern bei einem Onkel in Moskau aufgewachsene Abramowitsch begann Ende der 1980er-Jahre seine kommerzielle Tätigkeit. Erst handelte er mit Plastikspielzeug, später mit Ölzisternen. Die Bekanntschaft mit Boris Beresowski wurde zum Glücksfall für den jungen Mann. Gemeinsam privatisierten sie unter höchst dubiosen Umständen den Konzern Sibneft.

Beresowski führte seinen Protegé auch in den Kreis von Präsident Boris Jelzin ein. Er wurde bald als das "Portemonnaie" der Jelzin-Familie bekannt, da er Shoppingtouren von Jelzins Tatjana Djatschenko ebenso finanziert haben soll wie den Wahlkampf des Präsidenten 1996.

1999 kam der bis dahin recht unbekannte Abramowitsch in die Duma als Abgeordneter für den Wahlkreis Tschukotka, für den er später auch jahrelang als Gouverneur und anschließend als Senator im Föderationsrat tätig war. Auf der arktisch kalten Halbinsel im äußersten Osten Russlands war Abramowitsch allerdings nur selten. Stattdessen zog es ihn nach Westen.

Zunächst gründete er mit Millhouse Capital eine Investmentfirma in London, später kaufte er den Fußballklub Chelsea, der unter seiner Führung zu einem der erfolgreichsten Vereine in Europa wurde und zweimal die Champions League gewann.

Immobilien und Flugzeuge

Abramowitsch hat sein Leben in dieser Zeit sichtlich genossen. Er kaufte mehrere Immobilien in London und Frankreich, eine private Flugzeugflotte, drei Yachten und sogar ein Mini-U-Boot. Aus drei gescheiterten Ehen gingen insgesamt sieben Kinder hervor.

Die Freundschaft mit Beresowski löste sich auf, als dieser die Gunst des neuen Kreml-Chefs Wladimir Putin verlor. Auch Michail Chodorkowski, der Abramowitsch eine Fusion seines Ölkonzerns Yukos mit Sibneft vorgeschlagen hatte, ließ Abramowitsch sitzen, als er vom Kreml in die Mangel genommen wurde.

Zum engsten Kreis des Kreml zählt Abramowitsch nicht, doch bis zuletzt galt er dort als loyal. Dies hat nun seinen Preis im Westen. Mit der nun drohenden Aufnahme auf die Sanktionsliste endet für den Oligarchen vorerst nicht nur das Kapitel Chelsea, sondern ganz London. (André Ballin, 4.3.2022)